Gemeinde- und Stadtverwaltungen stehen regelmässig vor der Herausforderung, sehr gegensätzliche Meinungen und Interessen innerhalb der Bevölkerung einzubeziehen und gangbare Lösungen für konkrete lokalpolitische Anliegen zu finden. Sei es bei Fragen zur Ansiedlung von Asylzentren, Verkehrsführung, Tempo-30-Zonen, Bauvorhaben oder Windenergie – viele Gemeinden kennen Themen, die spalten und ein Vorankommen blockieren. Dies führt zu einem hohen Mehraufwand an Ressourcen und kann das wohlwollende Zusammenleben innerhalb der Gemeinde beeinträchtigen, wenn sich Teile der Bevölkerung nicht gehört fühlen.
Diesen Herausforderungen begegnen wir, indem wir gemeinsam mit Gemeinden und Städten klar angeleitete Dialogprozesse entwickeln und durchführen. Wenn die Voraussetzungen stimmen, kann ein solcher Prozess helfen, Spannungen zu reduzieren, mehr Verständnis für verschiedene Perspektiven zu entwickeln und wieder mehr Vertrauen aufzubauen, als Basis für die weitere Lösungsfindung.
Zentral für den Erfolg eines Dialogprozesses ist eine fundierte Auftragsklärung. Sie bildet das Fundament jedes guten Prozessdesigns – und entscheidet darüber, ob ein Dialogprozess als sinnvoll, glaubwürdig und fair wahrgenommen wird und seine Wirkung entfalten kann. Folgende Punkte haben sich als Grundlage bei der Auftragsklärungen bewährt:
Ein Dialogprozess braucht ein klares Thema und eine gemeinsam getragene Zielsetzung. Es reicht nicht, allgemein „Verständigung fördern“ oder „die Bevölkerung einbinden“ zu wollen. Zielführend ist eine positive, attraktive Zielvision: Was soll besser, anders, geklärt sein – und woran wäre das erkennbar? Diese Zielvorstellung muss realistisch sein und innerhalb des gesteckten Zeitrahmens erreichbar. Nur so entsteht die nötige Motivation zur Teilnahme.
Zu verstehen, wer wie vom Thema betroffen ist und welche Dynamiken im Konflikt bereits bestehen, ist essenziell für die Entwicklung eines passenden Prozessdesigns. Gespräche mit verschiedenen Akteuren helfen, Perspektiven und Erwartungen frühzeitig aufzunehmen, die Berücksichtigung verschiedener Sichtweisen bereits in der Vorbereitung sicherzustellen und Vertrauen aufzubauen. So kann ein Dialogprozess später genau dort ansetzen, wo er am meisten Wirkung entfalten kann.
Was ist verhandelbar – und was nicht? Wo beginnt die Mitsprache, wo endet sie? Gerade in politisch-administrativen Kontexten ist Transparenz über Entscheidungsbefugnisse entscheidend. Wenn Teilnehmende den Eindruck gewinnen, dass der Prozess nur eine Alibiübung ist, oder unrealistische Vorstellungen über vorhandene Handlungsspielräume haben, kippt das Vertrauen – und damit der ganze Prozess.
Ob eine Übersicht über verschiedene Interessen und Bedürfnisse, Kriterien für politische Entscheide oder Empfehlungen an Behörden: Welche Art von Ergebnissen ein Dialogprozess hervorbringen soll, muss im Vorfeld definiert werden. Ebenso wichtig: Wie mit diesen Ergebnissen weitergearbeitet wird. Eine verbindliche Zusage der Verwaltung oder Politik, diese aufzunehmen, schafft Vertrauen – und verhindert spätere Frustration.
Glaubwürdigkeit beginnt mit der Einladung. Die einladende Institution muss von allen involvierten Gruppen als neutral und vertrauenswürdig wahrgenommen werden. Wenn dies nicht gegeben ist, kann es hilfreich sein, den Einladungsprozess gemeinsam mit anderen Akteuren zu gestalten. Auch die Auswahl der Teilnehmenden erfordert grosse Sorgfalt: Sie sollte sich an der Stakeholderanalyse orientieren und eine möglichst diverse und repräsentative Gruppe zusammenbringen. Wer am Tisch sitzt, prägt den Prozess – und seine Ergebnisse.
Nicht nur innerhalb des Dialogprozesses, auch darüber hinaus braucht es ein durchdachtes Kommunikationskonzept. Wer wird wann, wie und durch wen informiert? Besonders heikel ist der Umgang mit Medien: Hier braucht es ein gutes Gleichgewicht zwischen notwendiger Transparenz und dem Schutz vertraulicher Gesprächsräume.
Ein gelungener Dialogprozess bedingt sorgfältige Vorbereitung. Die Auftragsklärung ist dabei mehr als ein administrativer Schritt. Sie ist der Moment, in dem Vertrauen aufgebaut, Erwartungen geklärt und gemeinsame Grundlagen geschaffen werden. Sie entscheidet mit darüber, ob ein Dialogprozess nicht nur „stattfindet“, sondern auch wirkt.
Bei diesem Blogartikel handelt es sich um eine Zusammenfassung der Abschlussarbeit von Sarah Friederich für das Certificate of Advanced Studies “Grundlagen der Mediation” an der Berner Fachhochschule BFH (2024): “Mediatives Handeln in Dialogprozessen auf Gemeinde-Ebene: Schlussfolgerungen für die Auftragsklärung”
Bei der Entwicklung unseres Angebots haben wir unter anderem folgende Quellen einbezogen, die wir als weiterführende Lektüre empfehlen können:
Unser Angebot hat sich in der Praxis bereits bewährt. Von Oktober 2024 bis März 2025 haben wir einen Dialogprozess zu Nutzungskonflikten in der Altstadt Solothurn entwickelt und moderiert. Die Dialogveranstaltungen boten in einem ersten Schritt Raum für eine begleitete Aussprache und ermöglichten im zweiten Schritt die Entwicklung von konkreten Massnahmen für die zukünftige Kommunikation und Zusammenarbeit. Mehr Informationen zum Dialog in der Medienmitteilung der Stadt Solothurn.
Im Rahmen der Pilotphase des Projekts haben wir aktuell noch Kapazität, um mit zwei weiteren Gemeinden oder Städten an den lokalen Kontext angepasste Dialogprozesse zu entwickeln und umzusetzen. In dieser Pilotphase profitieren die Gemeinden davon, dass das Projekt grösstenteils durch Stiftungsgelder der Stiftung 3FO, der Schweizerischen Gemeinnützigen Gesellschaft SGG und Migros Kulturprozent finanziert ist Haben wir Ihr Interesse geweckt? Hier finden Sie mehr Informationen zum Angebot. Kontaktieren Sie uns gerne für ein unverbindliches Gespräch.